Ich hab es eigentlich nicht so mit Silvester. Nie gehabt. Aber wenn das Ende des Jahres nur noch zehn Tage entfernt ist, dann kann man ja schon mal ein bisschen zurück und voraus schauen. Vor allem, wenn sich doch ein bisschen was ändert und ich vielleicht die letzten Tage (des Jahres) genießen sollte.
Die letzten Tage, an denen ich Alkohol trinken darf wie ein Erwachsener, wann ich will. Die letzten Tage, an denen ich Süßigkeiten essen kann, wenn ich mag. Die letzten Tage, in denen ich Hausarbeit halt so mache, wie sie anfällt. Oder einfach darauf setze, dass die Dame meines Herzens das schon macht. Die letzten Tage…
Denn ab 1. Januar gelten für 31 Tage bei uns ein paar andere Regeln. Die Idee ist, die Intensität in der Besonderheit meiner Beziehung mit der Dame meines Herzens etwas zu erhöhen. Bisher gelten die klaren Regeln – kurz: sie bestimmt, ich gehorche – zu klar abgegrenzten Zeiten eines Spiels.
Für die ersten 31 Tage des neuen Jahres gelten die Regeln, die sie aufgestellt hat, grundsätzlich. Teilweise dauerhaft – etwa dass alles, was sie sagt, für mich als Befehl zu verstehen ist. Und alles, was ich tue oder nicht tue kann ausdrücklich von ihr auf beliebige Weise, darunter natürlich die üblichen körperlichen Züchtigungen, bestraft werden. Das ist schon eine komische Vorstellung, eigentlich immer irgendwie aufmerksam sein zu müssen, daran zu denken, ihre Wünsche und Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen. Und nicht zuletzt mein Temperament und meine Besserwisserei zügeln zu müssen, weil diese sonst jederzeit Konsequenzen haben können.
Ich will mich alles andere als beschweren, schließlich bin ich alles andere als unschuldig daran, dass wir dieses kleine Experiment machen. Aber ich fürchte schon ein wenig, dass es für mich, wenn die Dame meines Herzens konsequent ist (was ich ja auch wieder hoffe), nicht einfach und manchmal vermutlich ziemlich demütigend und schmerzhaft sein wird.
Auf jeden Fall werde ich mein Glas Sekt an Silvester (ich gehe mal davon aus, das gilt noch als im letzten Jahr ausgeschenkt bzw. bekommt von ihr eine Sondergenehmigung) sehr genießen.
Und ich muss gestehen, ich habe mich schon sehr, sehr lange nicht mehr so auf das neue Jahr gefreut. Vielleicht noch nie. Ich liebe die Dame meines Herzens.
